Einführung des E-Frankens an der Urne

Seit 2012 kann die FINMA eine in Schieflage geratene Bank mit den Guthaben der Gläubiger – auch der Kontoinhaber – sanieren („Die neue Bankeninsolvenzverordnung-FINMA“, Reto Schiltknecht, finma, 22. Oktober 2012). Ausgenommen ist ein Betrag von CHF 100‘000 pro Kunde.

Sollte sich ein Bankinstitut mit toxischen Anlagen – wie damals die UBS mit den Subprimekonstrukten – verspekulieren, besteht für den Bankkunden die Gefahr, dass er mit seinen Kontobeständen über CHF 100‘000 einen Sanierungsbeitrag für die in Not geratene Bank leisten muss, wie es in Zypern der Fall war. Einen Schutz vor einer solchen Enteignung hat er heute nur dann, wenn er seine Kontoguthaben in Tranchen à CHF 100‘000 auf verschiedene Bankinstitute verteilt. Viele unterlassen dies, weil sie sich des Risikos gar nicht bewusst sind bzw. auf die implizite Staatsgarantie hoffen.

Die Schaffung eines E-Frankens könnte dieses Risiko eliminieren. Die sofortverfügbaren Gelder (die sogenannten Kontokorrente) sollten – wie die Wertschriften – aus den Bankbilanzen entfernt und durch einen elektronischen (allenfalls block-chain-basierten) E-Franken unserer Notenbank ersetzt werden. Die entsprechenden Gelder wären so sicher wie die 1‘000er Note im Safe.

Die Spargelder, Kassen- und andere Bankobligationen hingegen wären nach wie vor dem Bonitätsrisiko der Banken ausgesetzt. Der Anleger hätte aber immerhin die Möglichkeit, seine Spar- in Kontokorrentgelder umzutauschen (unter Beachtung der entsprechenden Rückzugslimiten!), um das Sanierungsrisiko zu begrenzen. Der Systemwechsel böte zwar keinen vollkommenen Schutz vor einer erneuten Finanzkrise, hätte aber volkswirtschaftlich betrachtet den Vorteil, dass selbst eine Grossbank in den Konkurs entlassen werden könnte, ohne dass gleich der gesamte Zahlungsverkehr des Landes zusammenbrechen würde – mit verheerenden Folgen für die Realwirtschaft.

Eine Faustregel aus der Praxis besagt, dass ein Unternehmen solide finanziert ist, wenn die Eigenkapitalquote grösser als 30%ist. Für gesunde, nachhaltig geführte Firmen ausserhalb der Bankenwelt ist das eine Selbstverständlichkeit. Wenn man bedenkt, dass einige Banken nicht einmal über 5% Eigenkapital verfügen, dann besteht bei jedem grösseren Gewitter an den Finanzmärkten erneut das Risiko eines oder mehrerer Bankenkonkurse.

Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Kontokorrentgelder dereinst aus den Bankbilanzen entfernt sind und wir mit unserem hart verdienten Geld auf dem Lohnkonto nicht auch noch Sanierungsbeiträge für strauchelnde Banken leistenmüssen, die sich – wie damals die UBS – „einfach“ verspekuliert haben. Damit ist auch die Erwartung berechtigt, dass der Zahlungsverkehr, die Geldmenge und die Realwirtschaft selbst bei einemgrösseren Bankenkonkurs nicht allzu negativ tangiert werden. Das Schweizer Volk hat noch in diesem Jahr Gelegenheit, den E-Franken an der Urne einzuführen; eine weltweit einmalige, unserer direkten Demokratie zu verdankende Option.

Wirtschaftspolitisch betrachtet, ist es die wichtigste Abstimmung der letzten 100 Jahre! Leider hat die entsprechende Initiative einen verwirrenden Namen. Sie hätte nicht Voll-, sondern Staatsgeld- bzw. E-Franken-Initiative genannt werden müssen –ganz im Sinne der Volksabstimmung von 1891, die das Geldmonopol unmissverständlich dem Bund übertrug. Durch ihre kreditinduzierte Buchgeldschöpfung haben die Banken diesen Volkswillen stets umgangen; mit dem Resultat, dass heute 90% der gesamten Geldmenge aus privatem, risikobehaftetem Bankengeld besteht, was im Übrigen die Geldpolitik massiv behindert.

Mit der Annahme der Initiative schützen wir Bürger unsere Kontokorrentgelder und unseren Zahlungsverkehr vor Bankkonkursen oder –sanierungen. Die sofort verfügbaren Gelder geniessen dann die gleiche Sicherheit wie ein Konto bei der Nationalbank, das deren Mitarbeiter schon längst haben dürfen!

Dr. Chr. Zenger

Januar 2018